Uli Mairinger | Karl Traintinger: Der Windwurf

“Leben” von Uli Mairinger.

Gestern stand er noch da, gestern war doch alles noch anders. Sein starker Stamm, seine schöne grünbelaubte Krone, gestern war er noch da.

Ich kann es nicht glauben. Gestern noch sind wir durch den Wald gegangen, sind wir noch darunter gesessen. Ich habe in Deine treuen braunen Augen geblickt und habe gesagt: “Der ist so stark, wie wir. So stark, daß ihn kein Sturm knicken kann, so stark soll auch unsere Bindung sein!”

Und jetzt …. jetzt ist er zerborsten. Wie Dolche ragt das gebrochene Holz in die Höhe, wie Dolche fährt es in mein Herz. Mein Freund, mein Begleiter, dein Augenlicht ist gebrochen, gestern warst Du noch hier.

Tränen tropfen auf den Stamm, rinnen langsam die Rinde herab durch die Rillen, in denen gestern noch Lebenssaft floß. Irgendwo verschwinden sie dann und tränken die Fasern des geborstenen Holzes. Mein Blick folgt dem Bild der Zerstörung.

Natur – was hast Du nur für Kräfte.

Gestern noch standst Du vor mir. Heute liegst Du da – geknickt. Dann sehe ich es, ein junger Baum verdeckt schon halb den liegenden Stamm. Er wächst ganz einfach durch, er ist schön und jung und kräftig. Ich spüre die Wärme und den Trost, der von ihm ausgeht und jetzt weiß ich was es ist.

Es ist das Morgen, es ist das was Kraft und Hoffnung gibt. Es ist Zukunft.

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