Elizabeth T. Spira hat für ihre „Alltagsgeschichten“ 1992 Wiens Schrebergärten besucht und dabei strenge Vorschriften entdeckt, denn die Anzahl der Obstbäume war ebenso vorgeschrieben wie die Höhe der Hecken und die Ruhestunden. Nun hat sich das Kosmos Theater Wien in Kooperation mit ARGEkultur und Variante Vierundvierzig in einer Kleingarten-Idylle umgesehen. Der entschleunigte, aber sehr amüsante Theaterabend in der Regie von Maria Sendlhofer unterhielt am 2. März 2022 in der ARGEkultur bestens.

Von Elisabeth Pichler
Während das Publikum seine Plätze einnimmt, findet auf der Bühne eine etwas schaumgebremste Party statt. Dann stimmt der DJ einen letzten Song („The party ist over, turn out the lights“) an und schon geht es ans Aufräumen. Die Lichterketten werden abmontiert, Servietten, Pappbecher und -teller mit dem Laubbläser zur Seite gepustet. Am nächsten Morgen muss alles wieder ordentlich sein, denn die Bewohner wollen die ersten Sonnenstrahlen auf einem sauberen Rasen genießen. Klappbare Sonnenliegen haben aber leider so ihre Tücken.
Ein Lob an die Requisite für die herrlich altmodischen Liegen, deren Blumenmuster mir sehr bekannt vorkamen. Als der erste Rasenmäher auftaucht, werden die Liegen schnell zusammengeklappt und der eigene Rasenmäher hervorgeholt. Es folgt mein absolutes Highlight, ein Rasenmäher-Ballett zu „Les Sauvages“ aus Rameaus Oper „Les Indes Galantes“. Leider ist einer der Nachbarn aber gar nicht begeistert von dem Lärm, denn es ist Mittagsruhe und „Regeln sind Regeln“.
Auch sonst ist vieles streng reglementiert, sogar die Markisen sollten möglichst im Gleichklang aus- und eingerollt werden. Die Unkrautvernichtung liegt allen am Herzen und gemeinsam machen sie sich auf die Suche nach den Schädlingen, wobei sie sich einig sind: „Die Ackerwinde ist die Ärgste von allen“. Das Grillfest hat auch so seine Tücken, denn während fein mariniertes Fleisch und Gemüse von einer Dame aufgelegt werden, unterhalten sich die Herren der Schöpfung – natürlich mit einer Flasche Bier in der Hand – über die besten Grillmethoden und die unterschiedlichsten Kohlearten. Die Diskussion über den besten Senf führt allerdings fast zu einer Schlägerei.
Im Herbst wird dann mit Stolz die Ernte präsentiert, wie auf einem Catwalk samt perfektem Posing. Die riesigen Kohlköpfe und Kürbisse sind aber wirklich eine Pracht. Dann ist es Zeit, für den Winter alles dichtzumachen und den Griller zu Grabe zu tragen. Die Zeiten sind leider nicht mehr sicher und so werden teure Schutzmaßnahmen in Erwägung gezogen, die allerdings nicht „zu reich“ wirken sollen, denn das könnte Diebe ja direkt anlocken.
Die sieben namenlosen Mitglieder des „Gartenvereins Zukunft“ könnten unterschiedlicher nicht sein. Eine etwas ältere Dame (Krista Schweiggl) hatte 35 Jahre den Vorstand inne und übergibt ihn nun in einer feierlichen Zeremonie an ihre Nachfolgerin (Suse Lichtenberger). Ein Herr (Janusz Cichocki) fühlt sich unverstanden, hat Kommunikationsprobleme und so erzählt er dem Publikum von seiner Liebe zur Natur und von seinen wunderbaren Nachtkerzen. Ein junger Mann (Philipp Auer) singt mit Inbrunst herzerwärmend Heintjes kitschiges „Mama“-Lied und denkt dabei an seine kranke Mutter. Auch ein etwas cholerischer Kraftlackel (Peter Pertusini) darf in diesem Verein nicht fehlen. Die Choreografin Olivia Hild und der Musiker Bernhard Eder ergänzen das bunte Ensemble.
Ein Abend, der mit starken Bildern, Nostalgie und viel Musik überzeugt und mit wenig Dialogen auskommt. Angenehme, wohltuende Unterhaltung.
„Kleingartenverein Zukunft“ – Regie: Maria Sendlhofer. Eine Koproduktion mit Variante Vierundvierzig und Kosmos Theater Wien. ARGEkultur Salzburg. Mit: Philipp Auer, Janusz Cichocki, Bernhard Eder, Olivia Hild, Suse Lichtenberger, Peter Pertusini, Krista Schweiggl. Fotos: Bettina Frenzel/ ARGEkultur Video: ARGEkultur
Da die Situation in der Ukraine auch der ARGEkultur größte Sorgen bereitet, hat man sich entschlossen, die Einnahmen aller Veranstaltungen der kommenden zwei Wochen an „Nachbar in Not“ zu spenden. Programm unter www.argekultur.at
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