Helena Adler ist von uns gegangen, welch ein Verlust!

Helena Adler | Foto: © Karl Traintinger

Helena Adler | Foto: © 2018 Karl Traintinger

Als wäre es kein Zufall, stirbt Helena Adler (*1983) in einem Kafka-Gedenkjahr (sein Tod jährt sich zum 100. Mal), und das in etwa demselben Lebensalter.

Sie bleibt uns nicht nur als überaus liebenswerter Mensch, sondern auch als bedeutende Schriftstellerin der österreichischen Literatur für immer gegenwärtig.

Schon früh hatte sie sich neben der bildenden Kunst dem Schreiben zugewandt. Konkreter geschah dies in der Literaturwerkstatt Literaturlobbyland, die sie gemeinsam mit ihrem Mann, dem Künstler Thomas Stadler, ins Leben rief und wo sich Schreibende aus dem Flachgau einfanden. 2018 erfolgte die erste Buchpublikation „Hertz 52“ im Arovell Verlag.

Der große Erfolg stellte sich 2020 mit „Die Infantin trägt den Scheitel links“ (Jung und Jung) ein. Damit landete sie in der ORF-Bestenliste und in der Longlist für den Deutschen Buchpreis. Das autobiographisch eingefärbte Werk zeigte einen sowohl virtuosen als auch unverwechselbar eigenständigen Ton, um das Aufwachsen in einer Flachgauer Gemeinde mit sprachspielerischer Intensität wiederzugeben. Ein Feuerwerk an Assoziationen, Metaphern, Assonanzen, Wortspielen u.ä., das seinesgleichen sucht. Nicht nur unzählige Leser, auch die Literaturkritik war vom sprühenden Sprachwitz und der sozialkritischen Radikalität der Autorin beeindruckt.

2022 legte die Autorin den Nachfolgeroman „Fretten“ (Jung und Jung) vor. Diesem gelang es, den Erfolg und die beeindruckende Sprachgewalt von „Die Infantin trägt den Scheitel links“ fortzuführen. Davon zeugen u.a. der erste Platz auf der ORF-Bestenliste des Jahres und die Aufnahme in die Shortlist zum österreichischen Buchpreis. Inhaltlich knüpfte sie dabei an die Ereignisse in der Provinz aus der „Infantin“ an, stellte im letzten Teil aber die Sohnesliebe in den emotionalen Mittelpunkt.

2023 zeichnete sich ein neuer Impuls für die literarische Karriere ab, Klaus Kastberger hatte Helena Adler zum Ingeborg – Bachmann – Wettbewerb eingeladen. In diesem Moment schlug eine schwere Erkrankung ins Leben der Autorin ein, der sie in der Nacht auf den 5.1.24 trotz langer und tapferer Gegenwehr erlag.  Wir bleiben in der Trauer um einen lieben Menschen und im Mitgefühl mit den Angehörigen zurück. Weitere Werke, auf die wir Literaturfreunde uns gefreut hätten, sind uns infolge des viel zu frühen Todes vorenthalten geblieben.

Ohne Zweifel werden Helena Adlers Texte wegen ihrer Unverwechselbarkeit und Qualität in der Literaturgeschichte überdauern. Auf eine großartige Weise originell und perfekt, was mich wiederum an Kafka denken lässt.

Peter Reutterer

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