Lutz Hübners Stück über einen chaotischen Elternabend, der nicht wie geplant sachlich und fair verläuft, sondern völlig aus dem Ruder läuft, feierte am 15. November 2017 im Schauspielhaus Salzburg Premiere. Ein äußerst vergnüglicher Theaterspaß.
Von Elisabeth Pichler
Die besorgten Eltern einer 4. Volksschulklasse sind sich einig, dass an dem miserablen Leistungsstand ihrer Kinder nur die Klassenlehrerin schuld sein kann, denn diese ist ihrer Ansicht nach den pädagogischen Anforderungen einfach nicht mehr gewachsen und steht völlig überfordert kurz vor einem Burnout. Man hat Unterschriften gesammelt und will dieser „unfähigen Kuh“ bei einem Elternabend nahelegen, die Klasse abzugeben, um den Kindern doch noch den Sprung aufs Gymnasium zu ermöglichen.

Juliane Schwabe (Katja Grabowski)
Da das Klassenzimmer gerade für die Weihnachtsfeier geschmückt wird, muss man für den Elternabend in den ungemütlichen Turnsaal ausweichen. Die anwesenden Eltern (leider nur fünf) wollen zielorientiert vorgehen und Diskussionen über das eigene Kind vermeiden. „Ziehen wir den Karren aus dem Dreck“, verkündet knallhart die Elternvertreterin und Wortführerin Jessica Höfel. Als Frau Müller erscheint, wird ihr eiskalt pädagogische Unfähigkeit vorgeworfen. Sie ist fassungslos und tief betroffen, doch keineswegs bereit, das Zepter aus der Hand zu geben. Schließlich lässt sie sich dazu hinreißen, die Eltern klar und deutlich mit den Verfehlungen ihrer Sprösslinge zu konfrontieren. Sie ist über ihren Ausbruch selbst überrascht und verlässt schließlich wortlos den Turnsaal. Nun fallen die Eltern übereinander her, denn die Nerven liegen blank. Beleidigungen und wüste Beschimpfungen lassen die Stimmung bald überkochen. Ruhe kehrt erst ein, als man in der Tasche der Lehrerin die Semesterbenotungen entdeckt.
Es sind schon ziemlich schräge Charaktere, die da für ihre missratenen Lieblinge kämpfen. Die selbstbewusste Karrierefrau Jessica Höfel (Christiane Warnecke), der arbeitslose Wolf Heider (Frederic Soltow), das streitsüchtige Ehepaar Jeskow (Ute Hamm und Bülent Özdil) und Katja Grabowski (Juliane Schwabe), die Mutter des Klassenbesten, die eigentlich nur aus Solidarität erschienen ist und sogar als kleines Dankeschön ein Blumensträußchen mitgebracht hat. Sehr authentisch und in herrlich biederem Outfit (Ausstattung: Gernot Sommerfeld) Susanne Wende in der Rolle der engagierten Pädagogin, die es einfach nicht fassen kann, dass all ihre Bemühungen, die vielen Projekte, Gesprächskreise, Förderstunden und die selbstfinanzierten Materialien, nicht gewürdigt werden.
Karin Koller hat Lutz Hübners bitterböses, doch sehr amüsantes Stück flott und publikumswirksam in Szene gesetzt. Der Wiedererkennungseffekt ist groß, denn ganz unbeschadet kommen Eltern und Schüler nur selten durch die oft endlos scheinenden strapaziösen Jahre der Schulzeit. Heute haben aber auch Lehrerinnen und Lehrer Grund zur Klage und so sieht es auch der Autor: „Eltern sind für Lehrer eine lästige Begleiterscheinung von Schülern, und Schüler sind eine lästige Begleiterscheinung ihres Jobs.“

v.l.n.r.:Bülent Özdil (Patrick Jeskow), Frederic Soltow (Wolf Heider)
„Frau Müller muss weg“ von Lutz Hübner. Regie: Karin Koller. Ausstattung: Gernot Sommerfeld. Mit: Bülent Özdil, Ute Hamm, Juliane Schwabe, Christiane Warnecke, Frederic Soltow, Susanne Wende. Fotos: Jan Friese/ Schauspielhaus
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