„BÉTON BRUT“ – getanzte Betonästhetik

beton

Die vom Choreographen Valentin Alfery und der Produzentin und Fotografin Dušana Baltić 2011 gegründete urbane Tanzkompanie Hungry Sharks orientiert sich in ihrem neuen Stück an der Ästhetik und den Prinzipien des Brutalismus. Dieser Architekturstil der 1950er Jahre ist geprägt durch Sichtbeton und wirkt kraftvoll und brachial. In „Béton Brut“ trifft die Tanzform Breaking, eine Säule der Hip-Hop-Kultur, auf moderne Architektur. Das junge, tanzbegeisterte Publikum spendete bei der Vorstellung am 17. Juni in der SZENE Salzburg viel Applaus.

Elisabeth Pichler

Von Elisabeth Pichler

Auf einer Bauplane wird in einem Kübel Zement verrührt, denn der wird benötigt, um Schuhe zu betonieren. Wie sich später herausstellt, sorgen diese Betonpatschen für einen kraftvollen, lautstarken Marsch. Eine Stimme aus dem Off erklärt uns den „6-step“, eine der wichtigsten Bewegungen des Breakdance. Wem dies zu schnell gegangen ist, kann sich diese Grundsequenz der Breakdance-Beinarbeit als Tutorial im Internet anschauen und es dann selbst versuchen.

Das Stück ist völlig auf den Tanz fokussiert und der wird mit einem Sound unterlegt, der an die Geräusche einer betriebsamen, großen Baustelle denken lässt, denn es kracht und knirscht ständig. Die Baumaschinen machen zwar einen Höllenlärm, doch verstärken sie dadurch die eckig-kantigen Bewegungsmuster. So erfahren wir von einem Monument, das in Serbien zerstört wurde, und die Geräusche der Abrissbirne und der niedersausenden Trümmer passen genau zu den Bewegungen der Tänzerinnen und Tänzer, die sich wieder und wieder zu Boden krachen lassen.

Die oftmals als „Betonmonster“ bezeichneten Bauten des Brutalismus besitzen für Valentin Alfery auch eine gesellschaftliche Aussage. Es geht hier um Rebellion gegen gängige Formen wie beim Breakdance, auch grobe Formen und „Roughness“ sind Kennzeichen beider Welten. Die Verbindung hat eine neue Ästhetik entstehen lassen, die drei Prinzipien folgt: der Ehrfurcht vor dem Material, der Zurschaustellung der Konstruktion und der Wiedererkennbarkeit als Bild.

Zum Finale gibt es ein großartiges Solo mit einer alten Mischmaschine aus dem Jahre 1968. Diese schwebt und schwingt mit einer Tänzerin über die Bühne. So schicken uns friedliche, fast romantische Bilder nach all dem Brutalismus auf den Heimweg. Da kann man sich nur der Mischmaschine anschließen, die meinte: „I am in balance and therefore I feel great today!“

„Béton Brut“ – Hungry Sharks. Idee, Konzept, Künstlerische Leitung, Choreographie, Texte: Valentin Alfery. Tanz, Bewegungsrecherche: Elena Bartosch, Timo Bouter, Alexander Tesch, Maëva Abdelhafid. Live Sound, Komposition: Manuel Riegler. Dramaturgie, Choreographische Assistenz: Marco Payer. Produktion, Künstlerische Mitarbeit, Stimme: Dušana Baltić. Lichtdesign: Valentin Alfery. Kostümdesign, Anfertigung: Kreineckers / Anna & Magdalena Kreinecker. Produktionsassistenz: Maira Darja Horvath, Laura Graciela Saiz, Max Rosenberger. Fotografie: Jelena Janković, Kilian Kovacs, Christine Miess

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