Jazz mit Länderkennzeichen

Meretrio

Emiliano Sampaio  gastierte am 11. November mit seinem MERETRIO im Kulturhaus Emailwerk Seekirchen und gab sein neues Programm mit vielen aktuellen Kompositionen zum Besten.

Leo Fellinger

Von Leo Fellinger

Emiliano, Gustavo und Luis…so die Vornamen der drei Brasilianer und so ihre Musik. Klischee hin oder her, Brasilien ist anders. Verspielter, feingliedriger und man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass in einem brasilianischen Folksong mehrere Rhythmen verbaut werden – zugleich -, wohlgemerkt. Emiliano bedient seine Gitarre in einem Tempo, wie man es im Grunde von einem Spanier oder Südamerikaner erwarten würde, dann aber doch über alle Maßen erstaunt ist, dass das wirklich funktioniert. Bei einigen Läufen und Riffs, ohne Übertreibung, schafft man es bei aller Konzentration nicht mehr, seinen Fingern zu folgen. Sampaio hingegen sieht nur selten auf sein Instrument, er lächelt zufrieden ins Publikum und sucht Augenkontakt, während seine Hände auf den Saiten verschwimmen.

Gustavo Boni wirkt am Bass dagegen beinahe gedankenversunken. Sein Spiel scheint der gemeinsame Nenner zwischen Sampaio und Luis Andre zu sein, auf den sich die beiden anderen rhythmisch eingeschworen haben. Gedankenversunken bedeutet in Bonis Fall aber nicht, dass er sein Dasein als rhythmischer Ankerpunkt fristet, wie man es von manchen Bands hierzulande kennt. Sein Bassspiel ist der musikalische Majordomus des Trios. Seine ausgefeilten und stellenweise wahnwitzig temporeichen Läufe bestimmen die Agenda des Abends.

Und dann wäre da zu seiner Rechten noch Luis Andre am Schlagzeug. Er ist beinahe eine Persiflage auf den Stereotyp des Schlagzeugers der nördlichen Hemisphäre. Wo der Nordmann werkt, als hinge er körperlich an der Steckdose und müsste in ekstatischen Zuckungen seinem Spiel auch optisches Gewicht verleihen, gleicht Andre mehr einem Buddhisten während der Meditation. Der Oberkörper ist ruhig, sein Haupt würdevoll auf seine Mitspieler gerichtet, seine Mimik entspricht etwa jener von Clint Eastwood in Dirty Harry…aber was unterhalb seiner Ellenbogen passiert, ist kaum sicht- aber umso mehr hörbarer. Unfassbar dicht und kleinteilig fegen seine Anschläge in den Saal, in nahezu jedem Stück verwebt er klassisches Schlagzeug mit Xylophon und hölzernen Schlagwerken die seinem Sound den, zumindest in europäischen Ohren, so wunderbaren, brasilianischen Anstrich geben.

Zusammen spielt das Trio eine ganz wunderbare Verknüpfung von brasilianischem Folk mit rhythmischem Jazz und einem Hauch R&B. Je nach Stück verschiebt sich die Gewichtung einmal mehr in ein klassisches, brasilianisches Soundgefühl, mal mehr in Richtung Jazz in brasilianischer Anmutung. Die drei virtuosen Musiker machen mit ihrer Musik einfach durch und durch gute Laune und holen mit ihren Rhythmen ein Stück Sonne ins Herz. Um diese Jahreszeit ein unbezahlbares Vergnügen. Obrigado pela noite quente! 

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