Einmalig

Verena - Gulda

Alle Fotos (3) | © Franz Breitfuss

Ein prall gefüllter Saal empfing am vergangenen Sonntag die Musikerinnen und Musiker im Seekirchner Emailwerk, die alle gekommen waren, um zwei Menschen die Ehre zu erweisen. Zum einen dem Pianisten, Komponisten und Grenzgänger Friedrich Gulda, zum anderen der jungen und dynamischen Cellistin Verena Breitfuß, die sich in den Kopf gesetzt hatte, Guldas „Konzert für Violoncello und Blasorchester“ in Seekirchen zur Aufführung zu bringen.

Leo Fellinger

Von Leo Fellinger

Mit unglaublicher Euphorie motivierte sie eine Menge Menschen in ihrem Umfeld zu diesem gemeinsamen Wagnis. Für ihr Herzensprojekt gewann sie Flachgauer Musikerinnen und Musiker und als musikalischen Leiter den legendären Norbert Brandauer. Um die Absicht Friedrich Guldas zu unterstreichen und die Reise durch die Genres zu verdeutlichen, fand nicht nur ein erstklassiger Volksmusik-Block der BruckZuckMusi, eine 2021 gegründete Klarinettenmusi, bestehend aus sieben Studierenden der Bruckner-Uni ins Programm, vielmehr auch die Pianistin Anna Maier, die als Zitat an Gulda Mozarts Sonate Nr. 13 in B-Dur, K. 333, zu Gehör brachte. Beide Beiträge waren von allerhöchster Güte und Virtuosität geprägt und führte das Publikum ins Herz des Matinee-Konzerts.

Nach einer kurzen Umbaupause folgten die fünf Sätze des „Konzertes für Violoncello und Blasorchester“ von Friedrich Gulda. Wer das Stück noch nicht kannte, wurde von nun an in einen musikalischen Erlebnisstrudel hineingezogen, aus dem man als Zuhörer nur mehr schwer herauskam. Wenig ließ das Publikum darauf vorbereiten, wie exzentrisch und eklektisch dieses Stück ist. Verena Breitfuß begann mit einem lebhaften Thema, diese konventionelle und klassisch inspirierte Cello-Geste führte unmittelbar zu einem schwingenden Big-Band-Riff, einschließlich perkussiven Backbeats und improvisatorischer Cellopassagen. Das kontrastierende Thema in dieser „Ouvertüre“ hingegen kommt direkt vom österreichischen Berghang.

Die Idylle des zweiten Satzes bietet als Rahmen eine noch breitere Alpenidylle, in die eingebettet zweimal ein Ländler und ganz in der Mitte eine große Cello-Kantilene erscheinen – eine Cello-Kantilene, in gefühlvollem Espressivo gespielt, erreicht die Seele auf direktem Wege – wenn man es kann. Und Verena Breitfuß kann es. Die große ausgeschriebene Cadenza verlangte der Solistin auch zwei Improvisationspassagen ab, die erste mit der leeren A-Saite als Basis, über der sie sich exzessiv austoben konnte, die zweite mit Flageolett-Tönen. Das ursprünglich 1965 für „Les Hommages“ komponierte Menuett, eine Art höfischer Tanz, spielte mit Elementen der melodischen Tonleiter, wodurch eine spielmannsartige Strenge oder auch eine Pavane assoziiert wurde. Und das Finale alla marcia kostete aus vollem Herzen Bierzeltfreude aus, wie sie im Flachgau alltäglich sein mag, nur zwischendurch unterbrochen von dem einen oder anderen (Jazzrock-)Unwetter. In diesem fulminanten Finale wurde die große Spielfreude von Solistin und Ensemble noch einmal mehr als deutlich.

Alle Mitwirkenden verdienen den größten Respekt für das, was sie hier geleistet haben und besonders die Solistin am Cello, für sie ist dies ein vehement forderndes Bravourstück. Dieses Konzert lädt jedenfalls dazu ein, sich zu verausgaben. Man braucht Kraft und man muss sie einsetzen wollen. Das unverblümte Ausspielen der Klischees österreichischer Volksmusik in diesem durchaus virtuos angelegten eklektischen Konzertwerk schielt unverhohlen nach guter Laune. Gulda wollte damit ganz sicher ungleich mehr erfreuen als provozieren. Er hat keinen Genierer vor vordergründiger Gefälligkeit.

Diese Matinee war zweifellos für jeden und jede, die den Sonnenschein gegen den Konzertsaal tauschten, ihre Zeit wert – ein Konzert voller Hingabe und Humor und, entscheidend, von Musikerinnen und Musikern aufgeführt, die eindeutig lieben, was sie tun. Nur schade, dass man das nicht öfter erleben kann, das Konzert war somit in jeder Hinsicht: EINMALIG.

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