„Lohengrin“ – Richard Wagners romantische Oper als düstere Parabel

Lohengrin

Die märchenhafte, tragische Liebesgeschichte zwischen dem „strahlenden Schwanenritter“ und seiner reinen, doch etwas naiven Elsa findet bei Regisseur Roland Schwab in und vor dem Wrack eines in der Felsenreitschule abgestürzten Flugzeugs statt. Bei der Premiere am 2. November 2019 gab es nach viereinhalb Stunden neben vielen Bravos dann doch auch einige Buhs.

Elisabeth Pichler

Von Elisabeth Pichler

Zu den sphärischen Streicherklängen des Vorspiels taumeln die traumatisierten Bürger von Brabant nach einem Flugzeugabsturz um den zerborstenen Jet. Als der blinde König Heinrich erscheint, um die Erbfolge im Herrscherhaus zu regeln, beansprucht Telramund den Thron für sich und beschuldigt die rechtmäßige Erbin Elsa des Brudermordes. Ein Gottesurteil soll Klarheit bringen, doch niemand will gegen Telramund antreten. Da erscheint auf einem Schwan ein gottgesandter Ritter, eine überirdische Erscheinung, und rettet Elsa aus höchster Not. Die Hochzeit der beiden ist beschlossene Sache, doch muss Elsa ihm versprechen, nie nach seinem Namen, seiner Herkunft oder seiner Art zu fragen. Das kann nicht gut gehen, denn Telramund und seine fiese Gattin, die heidnische Zauberin Ortrud, schmieden Rachepläne.

Lohengrins tragische Geschichte ließ Richard Jones 2009 in München auf einer Baustelle stattfinden und der Bayreuther „Ratten-Lohengrin“ von Hans Neuenfels aus dem Jahre 2010 mutierte vom Skandalstück zum kultigen Klassiker. Warum also sollten Lohengrin und Elsa nicht auf einem Trümmerfeld rund um ein Flugzeugwrack aufeinandertreffen? In den dreigeschossig übereinander angelegten Arkaden der Felsenreitschule hingegen wird kräftig gefeiert.

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Hier vergnügt sich die feine Gesellschaft, die Herren in schwarzen Anzügen, die Damen in eleganten Glitzerkleidern (Kostüme: Gabriele Rupprecht). Mit Vorfreude auf das nahende Unheil bereiten zu den Klängen des Brautmarsches Telramund und Ortrud das Hochzeitslager für Elsa und ihren Ritter. Damit sicher nichts schiefgeht, werden vorsorglich noch ein paar Sprengsätze angebracht.

Leslie Suganandarajah gibt in der Felsenreitschule sein Debüt als Musikdirektor des Salzburger Landestheaters und darf bei dieser Produktion mit wirklich großartigen Sängerinnen und Sängern zusammenarbeiten. Dass Benjamin Bruns (Lohengrin) und Jacqueline Wagner (Elsa) auch Mozartsänger sind, kommt ihm sehr entgegen, bevorzugt er doch leichte Stimmen und Durchlässigkeit. Im Gegensatz zu den feinen, doch ausdrucksstarken Klangfarben dieser Lichtgestalten überzeugen die beiden Bösewichte, Alexander Krasnov als Telramund und Mina-Liisa Värelä als Ortrud, mit Stimmstärke, kraftvoller Vitalität und enormer Bühnenpräsenz, er als bärenstarker Muskelmann und sie als intrigantes Energiebündel.

Lohengrin wird oft auch als Choroper bezeichnet und so werden Chor und Extrachor des Salzburger Landestheaters durch den Philharmonia Chor Wien verstärkt. Platz ist in der riesigen Felsenreitschule genügend vorhanden und der wird auch voll ausgenützt. Das brillant musizierende Mozarteumorchester Salzburg folgt dem lustvollen Dirigat von Leslie Suganandarajah mit Präzision und Dynamik, ein eindrucksvolles Klangerlebnis. Regisseur Roland Schwab und seine langjährigen Weggefährten, Kostümbildnerin Gabriele Rupprecht und Bühnenbildner Piero Vinciguerra, bieten mit dieser Inszenierung ein ganz großes Opernerlebnis, wie man es in Salzburg normalerweise nur zur Festspielzeit geboten bekommt.

„Lohengrin“ – Romantische Oper in drei Aufzügen von Richard Wagner. Dichtung vom Komponisten. Musikalische Leitung: Leslie Suganandarajah. Inszenierung: Roland Schwab. Bühne: Piero Vinciguerra. Kostüme: Gabriele Rupprecht. Musikalische Einstudierung: Wolfgang Götz. Musikalische Assistenz: Gabriel Venzago. Mit: Benjamin Bruns         , Pavel Kudinov, Jacquelyn Wagner, Alexander Krasnov, Miina-Liisa Värelä/Khatuna Mikaberidze, Raimundas Juzuitis, Nicolas Podlogar/Tobias Reischl, Franz Supper, Samuel Pantcheff, Manuel Millonigg, Chong Sun, Hazel McBain, Anne-Fleur Werner, Zsófia Mózer, Mona Akinola. Chor und Extrachor des Salzburger Landestheaters. Philharmonia Chor Wien. Mozarteumorchester Salzburg. Fotos: SLT/ © Anna-Maria Löffelberger

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2 Kommentare zu "„Lohengrin“ – Richard Wagners romantische Oper als düstere Parabel"

  1. Hört sich zwar sehr interessant an, auch die Bilder gefallen mir gut, ich glaube aber, 4,5 Stunden Oper halte ich nicht durch!

  2. Ecker_Wolfgang Wolfgang Ecker | 7. November 2019 um 17:33 |

    Eine wunderbare Rezension!

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